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20 Jahre Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik - alles Gold was glänzt?

Zweites Brüsseler Gespräch am 12. November 2019 in Brüssel

Das zweite Brüsseler Gespräch der DWT 2019 am 12. November adressierte anlässlich des runden Geburtstags diese grundlegende Frage und beschäftigte sich damit wiederum mit einem zentralen Thema europäischer Sicherheitspolitik.

Trotz zeitgleich stattfindender Veranstaltungen im Bereich von Sicherheits- und Verteidigungspolitik (z.B. NATO Industry Forum in den USA) war die hohe Anzahl an Teilnehmern einmal mehr Indiz für das breite Interesse an der gegenwärtigen und zukünftigen Situation der Europäischen Union in Fragen der äußeren Sicherheit. Tagungsort war - fast schon traditionell - das Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel.

Bereits zu Beginn der Veranstaltung wurde tagesaktuell die französische Kommentierung des Zustands der NATO als „mort cérébrale“ aufgegriffen. Aufgrund der engen Verflechtung zwischen nordatlantischem Militärbündnis und der Europäischen Union wurden die Konsequenzen im Fall einer bedingt einsatzbereiten NATO betrachtet. Des Weiteren wurde der Umgang der Europäischen Union mit den beitrittsinteressierten Staaten Albanien und Nordmazedonien kritisch hinterfragt. Beide Staaten hätten ihre vorbereitenden Hausaufgaben gemacht und würden jetzt abgewiesen.

Im Hinblick auf eine strategische Autonomie der Europäische Union wurde auf die grundsätzliche Notwendigkeit einer industriellen Basis im Bereich der Verteidigung hingewiesen. Auf den Weg gebracht wurde diese Basis mittels eines kleineren, eher symbolischen Pilotprojekts bereits im Jahr 2015. In Richtung Zukunft geblickt wurde die erstmalige Verabschiedung eines EU-Militärhaushalts ab 2021 hervorgehoben. Diese umfasse die zwei Instrumente Connecting Europe Facility (CEF) und den European Defence Fund (EDF).

Zur Festlegung einer sicherheitspolitischen Strategie im Rahmen der weiteren Vertiefung einer GSVP in den kommenden Jahren wurde unter anderem der Bedarf eines EU-Weißbuchs zur Sicherheit und Verteidigung andiskutiert. Hierzu würde der EU-Staatengemeinschaft, aber insbesondere Deutschland als EU-Ratspräsidentschaftsland im zweiten Halbjahr 2020, eine zentrale Rolle zukommen. Während dieser Zeit wären Aspekte wie Planungs- und Versorgungssicherheit, klar geregelte Exportkontrollrichtlinien und einheitlicher Umgang mit Artikel 346 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) weiter zu präzisieren und mit Blick auf praktische Anwendung voranzutreiben.

Im Rahmen der weiteren Impulsreferate wurde auf den aktuellen Stand der Verabschiedung der EDF-Verordnung eingegangen. Zielsetzung von EDF bleibe dabei die Effizienzsteigerung von Innovationsentwicklung im Verteidigungstechnologiesektor. Dabei ersetze eine europäische Förderung gemeinschaftlicher Projekte keine Forschung und Fähigkeitsentwicklung einzelner EU-Mitgliedsstaaten, sondern ergänze diese. Beschaffung als letzte Phase von EDF bleibe dann als Aufgabe bei den EU-Mitgliedsstaaten. Entscheidend für eine rasche Verabschiedung der Verordnung seien nun die Zustimmung des EU-Parlaments zur Kandidatenliste der EU-Kommissare sowie die Klärung der wenigen noch offenen Punkte im Verordnungsentwurf. Als erste Zwischenbilanz zur EDF-Vorstufeninitiative European Defence Industry Development Programme (EDIDP) wurde auf eine äußerst hohe Beteiligung an Projektvorschlägen in der ersten Ausschreibungsphase hingewiesen.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurde auf die Notwendigkeit einer engen Verzahnung der Initiativen EDF/EDIDP, der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit PeSCo, des Koordinierten Jährlichen Verteidigungsreviews CARD und dem Fähigkeitsentwicklungsplan CDP der EU hingewiesen.

Abschließend wurde die Bedeutung der Bündnisfallklausel Art. 42 Abs. 7 im Lissabonvertrag der Europäischen Union und die Bestrebungen hin zu einer umfassenden europäischen Autonomie mittels Ausbaus einer gemeinsamen Verteidigungsarchitektur behandelt.

Eine lebendige Diskussion zwischen den Vortragenden und Zuhörern rundete das Brüsseler Gespräch ab und ließ mit den Abschlussworten auf eine herausfordernde, aber auch optimistisch stimmende zukünftige Entwicklung der notwendigen GSVP blicken.