Detail

Hochleistungs-/Hochenergie-Lasertechnologie: Hightech made in Germany für moderne Streitkräfte

Bericht der DWT Sektion Berlin-Brandenburg zur Veranstaltung am 4. Juni 2019 in Berlin

Die Lasertechnologie gewinnt für Streitkräfte immer mehr an Bedeutung. Nach der erfolgreichen Entwicklung und Erprobung wesentlicher Technologien laufen die Arbeiten am Bau von Laser-Demonstratoren. In nicht allzu ferner Zukunft könnten entsprechende Systeme Einzug in den Technologiemix der Streitkräfte erhalten und diesen zusätzliche Einsatzoptionen ermöglichen.

Wer von Laserwaffen hört, dürfte dabei zumeist an Blockbuster wie „Krieg der Sterne“ oder „Star Trek“ denken. „Duelle mit Laserschwertern und Schlachten mit Laserkanonen werden auf lange Sicht Science-Fiction bleiben. Aber die Lasertechnologie hat vor dem Hintergrund der beachtlichen Fortschritte der letzten Jahre ein großes Zukunftspotenzial für militärische Anwendungen“, so Prof. Dr. Marc Eichhorn vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Ettlingen. Eichhorn ist am IOSB der Bereichs-Leiter für „Photonik und optische Systeme“ und er eröffnete mit seinem Vortrag den gemeinsamen Veranstaltungsabend der DWT-Sektion Berlin-Brandenburg, der selbstständigen GSP-Sektion Berlin und des Fraunhofer-Verbundes Verteidigungs- und Sicherheitsforschung (VVS). Bereits zum dritten Mal führten die drei Kooperationspartner im Fraunhofer-Forum im Spree-Palais ein solches Format durch, um ihren Mitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit aktuelle wehrtechnische Entwicklungen näherzubringen.

Wissenschaft und Industrie bereiten den Weg
Nach einem Überblick über Geschichte und Grundlagen der Lasertechnologie seit den 1960er Jahren skizzierte Eichhorn aktuelle Entwicklungslinien, wie die Weiterentwicklung in der Industrieproduktion eingesetzten (Diodengepumpten) Lasern sowie die Fortschritte in der Bildverarbeitungs- und Sensortechnik. Dadurch würden erhebliche Leistungssteigerungen bei der Wirkung gegen Strukturen und bei der Reichweite, ferner das Tracking und die Bestrahlung hochagiler Ziele möglich.
„Laserwirksysteme sind punktgenau, skalierbar, direkt, geräuschlos und für das menschliche Auge unsichtbar“, erklärt Eichhorn. Sie benötigten keine herkömmliche Munition und damit verbundene Logistik und Betriebskosten. Im weiteren Verlauf zeigte er ihr umfangreiches Einsatzspektrum auf: So eigneten sich Laserwirksysteme zur Abwehr von Drohnen (C-UAV) und Raketen-, Artillerie- und Mörsergeschossen (C-RAM), zur Bekämpfung von Schnellbooten oder zur Kampfmittelräumung aus sicherer Entfernung (C-IED/UXO). Bei verschiedenen Erprobungskampagnen seien Zielerfassung, -bekämpfung und -neutralisierung erfolgreich nachgewiesen worden.

Als weitere Anwendungsfelder der Lasertechnologie nannte Eichhorn Freistrahl-Kommunikation, optronische Gegenmaßnahmen (z.B. zur Beschädigung oder Zerstörung anfliegender Lenkflugkörper) und aktive Bildgebung (z.B. zur Durchdringung von Rauch- und Nebelbänken). Schon lange eingesetzt seien Laser zur Entfernungsmessung und Zielmarkierung. Einflussfaktoren wie Witterung, Atmosphäre und Wind stellten für Wissenschaft und Industrie nach Darlegung Eichhorns aber nach wie vor so manche Herausforderung dar.

Auf dem Weg zur Einsatzreife
Doris Laarmann, Senior Advisor Laser bei MBDA Deutschland, ging in ihrem Vortrag dezidiert auf die operationelle Weiterentwicklung im Bereich Laser ein. Dabei standen zwei Themen im Fokus: zum einen Technologieuntersuchungen wie Wirksamkeits- und Verwundbarkeitsuntersuchungen oder Tracking und zum anderen Systemüberlegungen für zukünftige Anwendungen.

Ab dem Jahr 2008 wurden erfolgreich Tests durchgeführt, die die Wirksamkeit von Laser gegen verschiedene Materialien wie Stahl oder Beton sowie zur kontrollierten Zerstörung von Mörsergranaten und Panzerminen nachweisen. Einsatzszenarien wie der Kampf gegen Micro-UAV setzten jedoch Präzisionsfähigkeit beim Tracking voraus, das auch Schwerpunkt von Technologieuntersuchungen war: Die Nachweise des Trackings und Beschuss gegen eine Zielplatte auf einem chaotischen Pendel, und somit auf einer nicht prädizierbaren Bahn, stellten daher einen wichtigen Meilenstein dar.

Auf dem Weg zum System hat MBDA einen Systemdemonstrator mit Track- und Wirkfähigkeit in einem Container in Standardgröße erstellt. Dieser wurde im Oktober 2016 bei Versuchen in Putlos erstmal zu Trackingversuchen eingesetzt. Dort wurde der Nachweis der Leistungsfähigkeit, Präzisionsfähigkeit und Dynamik gegen verschiedene Zieltypen über einsatzrelevante Reichweiten in maritimer Umgebung erbracht.

Weitere große Fortschritte wurden 2017 - im Rahmen einer C-UAS Kampagne des öffentlichen Auftraggebers - mit dem experimentellen Nachweis der Integration des Lasers in ein Luftverteidigungssystem erzielt. 2018 hat MBDA ihre aktive Beleuchtung auf „augensichere Wellenlänge“ umgestellt und die Augensicherheit bei einer Erprobungskampagne in Schrobenhausen nachgewiesen. Damit ist erstmals die Möglichkeit gegeben, gegen „blauen Himmel“ zu tracken, ohne dass Sicherheitsbereiche eingehalten werden müssen.

Diese Fortschritte ebnen den Weg zur Einsatzreife von Lasersystemen, die für alle Teilstreitkräfte relevant sein können. Anwendungsmöglichkeiten sind neben dem Selbstschutz von Schiffen auch der Lagerschutz durch stationäre und mobile Einrichtungen oder die Bekämpfung von IEDs. Wirksame Effektoren sind darüber hinaus auch in fliegenden oder mobilen Plattformen möglich. Dass die Laserforschung aber nicht notwendig auf militärische Zwecke beschränkt ist, stellte Laarmann nochmals heraus - neben dem auch von Eichhorn beschriebenen Kommunikationskonzept mittels Laser, kann etwa der Schutz kritischer Infrastruktur, z.B. Bohrinseln, gegen mögliche Angriffe von Piraten zu zukünftigen Anwendungen gehören.

Laserprogramme anderer Staaten
Zum Abschluss ihres Vortrags ging Frau Laarmann auf die Aktivitäten anderer Nationen ein. Vorrangig ist dazu die USA zu benennen mit einer Vielzahl von Programmen. Aber auch Großbritannien hat in den vergangenen Jahren massive Fortschritte erzielt und ist in Europa neben Deutschland führend im Bereich der Laserforschung. Neben anderen naheliegenden Nationen wie China, Israel, Indien oder Russland gibt es auch Berichte über Forschungsprogramme in zahlreichen weiteren Nationen, u.a. der Türkei, Pakistan und Südafrika.

Fazit
Die Kombination aus geringen Kosten und der Vermeidung von Kollateralschäden durch eigene Munition einerseits und die zahlreichen Aktivitäten und Fortschritte vieler Nationen andererseits hat den Zuhörern deutlich gemacht, dass Hochenergielaser bereits in naher Zukunft die militärische Entwicklung mitgestalten werden und auch mittel- und langfristig viel Aufwuchspotenzial und Anwendungsmöglichkeiten bieten. Wie in den Jahren zuvor erlebte das Publikum im Spree-Palais einen hochinformativen Abend, bei der die Vortragenden den Gästen komplexe Materie allgemein verständlich vermitteln konnten.

Autornen:
Tobias Süß, Leiter der DWT-Sektion Berlin-Brandenburg und Dr. Florian Seiller, Leiter der Selbstständigen GSP-Sektion Berlin